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Berta

Berta
Geboren am: 28.04.2008
Gestorben am: 03.09.2022
Rasse: Fleckvieh

Charakter: sehr lieb, menschenbezogen, Schmusekuh

Abschied von Berta
Berta war das zweite Rind, das ich vor über 12 Jahren aus dem Schlachthof befreien konnte. Damals zweijährig, kannte sie nur Anbindehaltung. Sie war zeitlebens sehr neugierig und an allem Unbekannten interessiert. Für andere Rinder hat sie sich allerdings nie besonders interessiert. Heute blieb sie nach einem Sturz infolge einer Brunft-Rangelei festliegend. Da sie unglücklich zu liegen kam, musste ihr mit einem großen Hilfsaufgebot hochgeholfen werden. Danke an dieser Stelle an die Firma Frank, die immer zur Stelle ist, wenn Not am Mann ist. Und an die Feuerwehr Bornhausen, die sofort zur Stelle war. Leider konnten ihr anschließende Infusionen und Medikamente nicht mehr auf die Beine helfen. Sie war zu geschwächt von ihrer Tumorkrankung, die in den letzten Wochen schnell voran geschritten war. Versucht haben wir es, aber dann mussten wir sie doch erlösen.

Vierzehneinhalb Jahre alt ist sie geworden und sie hat ihr Leben sehr genossen. Wir hatten viele schöne Erlebnisse und waren sehr vertraut. Wir sehen uns wieder, ganz bestimmt.

Auch wenn sie ihr Leben lang fast keine Paten hatte, werden bestimmt viele Menschen um sie trauern, die sie kannten.

Sie war immer sehr freundlich und zugewandt zu allen Besuchern.

Run free 💔❤

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Bertas Vorstellung zu ihren Lebzeiten:
Berta nahm ich im Frühjahr 2010 aus dem Schlachthof mit. Damals gab es die EU-Verordnungen noch nicht, die so etwas verbieten. Berta war am Vortag zur Schlachtung angeliefert worden, als zwei Jahre altes Mastrind. Zur Zucht war sie nie vorgesehen. Sie stand im Schlachthofstall und wartete auf ihren Tod. Und sie hat geschlottert und gezagt, wie irgendein Lebewesen im Angesicht seines Todes das nur tun könnte, Menschen eingeschlossen. Sie hat aus irgendeinem Grund all ihre Hoffnungen auf mich gesetzt, als sie mich gesehen hat. Wenn es ihr möglich gewesen wäre, hätte sie sich auf Knien liegend an meine Beine geklammert, um mich um Hilfe zu bitten. Das sprach aus jedem Blick und jeder ihrer Bewegungen. Das waren ein paar harte Stunden für mich, in denen ich entscheiden musste, ob ich mich an Kopf oder Herz halten will. Ich hatte kein Geld (1200,- € hat sie gekostet), keinen Platz vorbereitet, die schiere Größe dieses Tieres überforderte eigentlich alle meine Möglichkeiten. Ich nahm sie dennoch mit, Alma brauchte ohnehin Gesellschaft. Und letztendlich ging zum Glück alles gut, auch wenn das eine sehr gewagte Entscheidung war.

Berta lebte bis zum 4. September 2022 auf dem Lebenshof Sanamuhrium mit ihrer Freundin Alma und ihrem "Frauchen" Nicole.

Foto: Nicole Tschierse

Vespa

Vespa
Geboren: 01.05.2010 
Gestorben: 06.01.2022

Rasse: Highland

Charakter: "Übermutter", skeptisch gegenüber Menschen

Abschied von Vespa
Ein Nachruf von Nicole Tschierse

Lebe wild. Sterbe frei ❤
Das neue Jahr 2022 beginnt leider damit, dass wir Abschied von einer unserer Highland Kühe nehmen mussten. Vespa war das Rind der Herde, das gegenüber Menschen am meisten Misstrauen hegte. Mit Recht. Schließlich war geplant, sie mit ihrer kleinen Tochter Toyota bei Fuß, ihrer noch ungeborenen Tochter Mogli im Leib und der ganzen restlichen Herde, dem Schlachter zu übergeben. Das ist nicht passiert. Sie konnte ihre Töchter in Sicherheit und Freiheit aufwachsen sehen. Sie hat jeden attackiert, der sich ihren wertvollen Schätzen nähern wollte. Als Mogli frisch geboren war und noch nicht von Mutti eingenordet, hat die Kleine sich mir vertrauensvoll und neugierig auf noch wackeligen Beinchen genähert. Sie wollte wissen, wer ich so bin, jetzt wo sie auch auf der Welt war 🙈.
Ich war eigentlich weit genug entfernt auf der Weide, aber die kleinen Kälber sind ja schon ziemlich schnell. Vespa war so entsetzt, dass sie keine Zeit hatte, meine Exekution zu planen und durchzuführen. Sie hat ihre Kleine geschnappt und sie mit fliegenden Hufen weggebracht aus Menschennähe. Kurze Zeit darauf bekam man von beiden Töchtern maximal noch die Köpfe zu sehen, die vorsichtig hinter Muttis Popo vorspitzten.
Als die beiden größer wurden, sind sie dennoch so gut wie nie von der Seite ihrer Mutter gewichen. Vespa hat in den letzten Wochen einen Gebärmuttervorfall entwickelt. Unabhängig von Geburten, mit denen das häufig im Zusammenhang steht, kann sich das auch durch altersbedingte Bindegewebeschwäche entwickeln. Manchmal geht er von selbst wieder zurück, manchmal kann man ihn mit einem Eingriff beheben. Manchmal kann man nichts mehr machen. Bei Vespa war der Verlauf schnell und massiv. Wir beschlossen, sie gehen zu lassen und das hat sie auch friedlich angenommen. Bei einem Tier wie sie es war, hat es viel Bedeutung, Einverständnis signalisiert zu bekommen. Es war ihre Art zu danken, dass wir sie bis zuletzt in Ruhe gelassen haben und sie ihre Töchter bei uns in Sicherheit weiß. Vespa, du warst eine große, stolze Kriegerin und niemand durfte dir das nehmen 💕


Vespas Geschichte
Vespa war eines von 14 Schottischen Hochlandrindern, die der Verein 2016 übernahm - zu diesem Zeitpunkt war sie tragend und hatte ein wenige Monate altes Kalb, Tochter Toyota, an ihrer Seite.

Im Mai 2017 schenkte Vespa als fünfte tragende Kuh der Herde einem weiteren Kälbchen das Leben: Mogli.

Vespa war die Übermutter in der Gruppe und immer sehr besorgt um die Kleinen, auch um die, die nicht zu ihr gehören. Menschliche Übergriffe auf jüngere Herdenmitglieder duldete sie nicht. Ihre eigenen Töchter versteckt sie immer hinter sich. Auch nach Jahren noch. Zuviele ihrer Kälber wurden ihr scheinbar im Laufe ihres Lebens weggenommen.

Mehr über die Highland-Herde können Sie hier nachlesen.

Highländer
Vespa mit Baby Mogli

Fotos: Nicole Tschierse

Gisbert

Gisbert
geboren am 01.03.2005
gestorben am 22.11.2021
Rasse: Mix

Charakter: fröhlich und lieb

Gisbert kam zu uns im Juni 2018. Vor der Schlachtung bewahren konnten wir hier gleich drei ganz besonders liebenswerte Persönlichkeiten: die drei Schafe Gisbert, Gesine und Heinerbert.

Während Heinerbert noch jung war und aus einem Versuchslabor stammt, waren Gisbert und Gesine schon mindestens 10 Jahre alt und stammten aus privater Haltung. Alle drei waren schon geschlachtet reserviert, doch das
konnten wir abwenden. Wir schmusen jetzt stattdessen mit ihnen und das finden wir alle schöner.

Gisbert hat ein orthopädisches Problem, das leider mehrere Fachärzte nicht wirklich benennen oder beheben konnten. Vermutlich nicht zuletzt seinem Alter geschuldet, läuft er einfach schlecht. Einen kleinen Galopp schafft er aber bisher noch, wenn es auf eine frische Weide geht. Solange das möglich ist, kann er sein Leben auch noch eine Weile genießen.

Leider hat uns Gesine im September 2019 verlassen.

Foto: Nicole Tschierse

Bärbel

Bärbel
Geboren: 05.09.2007
Gestorben: 13.11.2019
Rasse: Hängebauch-Minipig-Mix

Abschied von Bärbel
Bärbel
stammt aus einem Selbstversorger-Haushalt. Sie züchteten und schlachteten diese kleinen Schweine zum Eigenverzehr. Ihre Schwester Edda wurde kurz nach ihrer Geburt von ihrer Mutter verletzt. Sie wurde ins Haus geholt zur Pflege und ich wurde zur tierärztlichen Behandlung hinzu gezogen. Später beschloss ich, Edda und ein Geschwisterchen bei mir aufzunehmen. Die Wahl fiel auf Bärbel. Die anderen wurden dann wieder alle geschlachtet. Bärbel und Edda begleiteten mich also schon fast ihr ganzes Leben lang.

Foto: Nicole Tschierse

Judith
Geboren: 30.03.2017 
Gestorben: 15.03.2021
Rasse: Mix

Charakter: neugierig, unternehmungslustig, selbstbewusst

Abschied von Judith
Judith hatte das große Glück in Freiheit geboren worden zu sein. Ihre Mutter Gertrud wurde von uns trächtig übernommen. Die beiden waren immer unzertrennlich. Da ihre Mutter ein freundliches, neugieriges und sehr unternehmungslustiges Rind ist, hatte sich Judith entsprechend entwickelt. An den von Gertrud angezettelten Weideausbrüchen war sie stets beteiligt.
Leider fiel sie, wie auch kurz vorher Flora, der grassierenden Rindergrippe in einem unserer Pensionsställe zum Opfer.
Judith war zu einem großen und prächtigen Rind heran gewachsen unter den wachsamen Augen ihrer Mutter. An ihr war nie etwas Schwächliches. Sie war jung und gesund. In zwei Wochen wäre sie vier Jahre alt geworden.
Dieser Virus macht seine eigenen Gesetze.


Vormals:
Judith ist Gertruds Tochter, welche tragend vor der Schlachtung gerettet wurde. Judith wurde in der Sicherheit eines Lebenshofes geboren und hat noch nie schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht.

Die beiden sind fast nur im Duo anzutreffen. Da ihre Mutter ein freundliches, neugieriges und sehr unternehmungslustiges Rind ist, hat sich Judith entsprechend entwickelt, sprich: sie macht ihrer Mama jeden Unsinn nach - zum Beispiel aus Weiden ausbrechen, indem "man" über Zäune springt.

Judith

Judith war ausgewachsen leicht zu erkennen an ihrem Rotschopf, den sonst kein anderes unserer Rinder aufweist. Als Kälbchen war sie uni hell, auf dem Foto rechts ist sie vier Wochen alt.

Foto: Nicole Tschierse, Marietta Anton

Flora

Flora
Geboren: 01.05.2016
Gestorben: 10.03.2021
Rasse: Schwarzbunte

Charakter: freundlich und lieb, menschenbezogen

Abschied von Flora
Flora hatte das Glück, für ein anderes Tier nachrücken zu können, das uns leider bei dem Versuch, es zu retten, entglitten ist. Ein wenige Tage altes Kalb wurde entgegen geltendem Recht dem Händler aufgenötigt. Dieser wollte es eigentlich auch nicht. Die Kälber reiner Milchrassen sind schon seit Längerem so wenig wert, dass das Futter nicht finanziert werden kann mit dem Erlös. Wir wollten übernehmen, mussten aber auf die Papiere der Blutuntersuchung warten, um uns nicht strafbar zu machen. Doch dann war das Kalb plötzlich verschwunden und wir bekamen nur wirre Auskünfte. Der Verbleib konnte nie endgültig geklärt werden. Wir bekamen eine Geschichte erzählt, die sich weder beweisen noch bestreiten ließ.

Wir haben stattdessen von den bereits eingegangenen Spenden gerettet, wen wir in die Finger bekommen haben. Dieses Kalb sah noch mit am besten aus aus der Gruppe der in Frage kommenden Tiere. Dennoch hatte es etliche Probleme. Den anfänglichen Durchfall und die partielle Pansenlähmung durch Mangelernährung und anschließende Futterumstellung haben wir in den Griff bekommen. Auch den bei Kälbern häufigen Lungeninfekt hat Flora leider nicht ausgelassen. Dann hat sie sich endlich zu einem schönen und gesunden Rind entwickelt, das sein Leben in Sicherheit noch lange hätte genießen können.

Aus "lange" wurden knapp 5 Jahre. Im März 2021 starb Flora einen sinnlosen Tod. Durch unabgesprochenes Umstellen und Neueinstallen von Rindern während der Stallzeit bei unserem Pensionslandwirt, wurde eine hochansteckende Infektionskrankheit eingeschleppt. Durch ihre oben beschriebene Krankengeschichte waren Teile von Floras Lunge vorgeschädigt. Sie hatte der aggressiven Rinder Grippe, mit der sie sich im Stall ansteckte, nicht genug entgegenzusetzen. Sie starb trotz mehrfacher Behandlungen innerhalb zweier Tage an der neuerlichen Lungenentzündung. Solche Tode können verhindert werden, wenn man den Tierbestand stabil hält oder zumindest Quarantänebereiche einrichtet. Leider ist das aber nicht immer ohne Weiteres umzusetzen. Wir arbeiten darauf hin, das zumindest hier bei uns im Sanamuhrium bald leisten zu können, wenn schon nicht auf allen Pensionsplätzen. Flora war ein freundliches und ganz bescheidenes Rind. Unaufdringlich und lieb. Sie hätte in unserer Obhut alt werden sollen. Mach es gut, du Schöne. Es wurde alles versucht, um dir zu helfen. Aber manchmal reicht auch das nicht aus 😥

Foto: Nicole Tschierse

Heinerbert

Heinerbert
Geboren am: 01.03.2016
Gestorben: 08.02.2021
Rasse: Merino Schaf

Charakter: freundlich, zugewandt

Abschied von Heinerbert.
Wir sind untröstlich. Seine Zeit im Versuchslabor hat Schädigungen erzeugt, die ihn früh das Leben kosteten.

Heinerbert kam im Juni 2018 zu uns. Nicole hatte ihn nach dem Hilferuf einer Freundin im letzten Augenblick aus dem Verschlag eines Landmetzgers befreien können. Dieses Schaf war aus einer Klink und stand de Studenten für Versuche und Übungen "zur Verfügung". Es hatte einem ihrer Schafe durch eine Blutspende das Leben gerettet. Sie wollte ihn übernehmen, wenn er abzugeben wäre, aber sie wurde nicht kontaktiert, als es soweit war. Stattdessen erfuhr sie durch Zufall, dass er schon zur Schlachtung weggegeben worden war. Sie setzte alle Hebel in Bewegung und als Nicole kam, war der Hof schon voller Käufer, die sich ihr Schaf zur Schlachtung auswählten. Drei Tiere konnten in Nicoles Auto in Sicherheit gebracht werden, Gesine, Gisbert und Heinerbert.

Während Heinerbert noch jung war, waren die aus privater Haltung stammende Gesine und Gisbert schon mindestens 10 Jahre alt.

Heinerbert war anfangs etwas schüchtern, wurde aber schnell zum anhänglichsten Schmuser, den man sich nur vorstellen kann. Er forderte Streicheln direkt ein, sogar von unseren Besuchern. Keiner konnte sich seinem Charme entziehen. Umso erstaunlicher finden wir es, dass sich in dem Versuchslabor nicht einer der Studenten für ihn eingesetzt hat, als sein Todesurteil gesprochen wurde. Ebenso erstaunlich ist es, dass Heinerbert so unbefangen auf Menschen zuging.

Leider haben uns Gesine - im September 2019 - und Heinerbert - im Februar 2021 - verlassen. Seine Lunge hatte durch die wiederholten Entzündungen durch verschlucktes Futter zu großen Schaden genommen

Als deutlich wurde, dass ihm mit keiner Behandlung der Welt mehr geholfen werden kann, gab es nur noch Verwöhnen, bis er auch das nicht mehr annehmen wollte und konnte. Mit ihm Zeit zu verbringen war immer ein Segen, er fehlt sehr. Hier durfte er das erste Mal auf eine Weide und niemand übte Spritzen, Venenkatheter und Schlundsonden legen an ihm und wozu er sonst noch herhalten musste in seinem vorherigen Leben. Seine Freiheit und seine Unversehrtheit durfte er bis zuletzt behalten, wenn auch nicht so lange, wie wir es uns für ihn und uns gewünscht hätten.

Foto: Nicole Tschierse

Vroni

Vroni
Geboren: 22.10.2007
Gestorben: 25.09.2020
Rasse: Fleckvieh

Charakter: emotional, verrückt, verschmust, je nachdem ...

Abschied von Vroni (Ein Nachruf auf eine sehr besondere Kuh von Nicole Tschierse)
Vroni war schon immer außergewöhnlich ängstlich und von einem ungewöhnlichen Temperament für ein Rind. Erst recht für ein Rind ihrer Rasse, die üblicher Weise eine sehr hohe Reizschwelle haben, bis sie in Bewegung kommen. Diese Besonderheit hat es ihr am Schlachthof, wo ich sie vor Jahren bei der Arbeit entdeckte, besonders schwer gemacht. Sie war so in Panik, dass sie gezittert hat wie ein Pappelstämmchen im Sturm. Selbst die Metzger haben sie verwundert beobachtet und mich gefragt, was mit ihr los sei. Ich konnte sie nicht ihrem Schicksal dort überlassen. Ich brachte es einfach nicht fertig. Also nahm ich sie mit mir und sie ließ sich auch nicht bitten. Allerdings sind alle Rinder, die ich jemals vom Schlachthof mitgenommen habe, um ihr Leben zu retten, mit Vollgas auf den sicheren Anhänger gesprungen. Völlig unabhängig von ihrem eigentlichen Temperament. Sie war immer nervös und misstrauisch, wenn man etwas von ihr wollte. Halftern, Blutprobe nehmen und dergleichen: schier unmöglich, weil sie sich in Panik auf der Flucht vor menschlichem Zugriff jedesmal fast schwer verletzt hätte. Wenn es allerdings um nichts ging, war sie zutraulich, genauer gesagt frech und zudringlich, aber auch einfach genießerisch. Sie war immer komplett ihren Emotionen ausgeliefert, ein bisschen von irgendetwas war einfach nicht ihre Maßeinheit. Nun kam seit Jahren das Problem hinzu, dass ihre Hormone verrückt spielten. Eierstockszysten sind bei Rindern nicht ungewöhnlich. Wenn sie sich nicht einfach durch Aufstechen behandeln lassen, immer wieder kehren, zu tumorösen Entartungen führen oder zu gefährlichem Verhalten, werden diese Kühe natürlich schnell aussortiert, sprich geschlachtet. Auf einem Lebenshof versucht man allerdings, auch solche Tiere zu betreuen und in Ruhe alt werden zu lassen. Mit Ruhe ist es dann allerdings mitunter nicht weit her. Vroni hat sich zunehmend selbst mit ihrem Verhalten gefährdet und auch vermehrt (noch) spielerisch alles attackiert, was in ihre Reichweite kam. Menschen, Fahrzeuge, fremde Rinder. Da wir nicht im luftleeren Raum leben, brachte das immer wieder Probleme mit sich. Vor Kurzem wurde die von uns gerettete Kuh Chaya, die mit dem selben Problem seit Jahren auf einem anderen Lebenshof lebt, erfolgreich kastriert. Ein Eingriff, der zwar keine Routine ist, aber hauptsächlich deshalb, weil er natürlich normalerweise von niemandem gewünscht wird. Nicht, weil er besonders schwierig oder risikoreich ist. Der regelmäßig bei Rindern durchgeführte Kaiserschnitt ist durchaus kritischer.
Ich habe mich lange mit den Klinikärzten dazu beraten, was sinnvoll für Vroni sein könnte. Und wir hatten im Nachhinein betrachtet irgendwie alle kein gutes Gefühl dabei, sie zu kastrieren, obwohl das nicht wirklich zu begründen war. Ausschlaggebend war für mich, dass ich wusste, wie quälend gerade für Vroni mehrfach notwendige Eingriffe werden würden. Und auch das Aufstechen birgt Risiken für eine Kuh. Meistens ist es bei der Variante des Aufstechens der Zysten leider nicht mit einem Mal getan und es kann zu Infektionen kommen. Aber "die Nägel mit Köpfen" zu machen hat sie nicht ausgehalten in ihrer Besonderheit. Leider war sie in jeder Hinsicht außergewöhnlich. Sie war der Fall, der eigentlich nie eintritt.
Die Operation selbst in der Rinder Klinik verlief komplikationsfrei und sehr zur Zufriedenheit der beteiligten Ärzte. Aber am nächsten Tag war klar, dass es Vroni nicht gut geht. Der Bluttest ergab einen deutlich gefallenen Hämatokritwert, das bedeutet, sie verlor innerlich Blut. Um sie zu stabilisieren und für eine Nachoperation zu stärken, wurde ihr eine Bluttransfusion gegeben. Doch es geschah, was bei Rindern eigentlich nur theoretisch passieren kann, sie reagierte allergisch auf die Transfusion. Vor dem Tod durch einen anaphylaktischen Schock konnten die alarmierten Ärzte sie durch schnelles Handeln bewahren. Doch sie musste sofort als Notfall auf den OP Tisch, geschwächt wie sie war. Sonst wäre sie verblutet. Und dafür war sie nicht stark genug. Sie ist während der Notoperation gestorben. Die Ärzte waren ebenso am Boden zerstört wie ich, als ich die Nachricht bekommen habe.
Was mich sehr bewegt hat, war die Tatsache, dass der Chefarzt Vroni verstanden hat. Das haben in ihrem Leben nicht viele Menschen, die ihr begegnet sind. Er sagte zu mir, er hätte eher den Eindruck gehabt, dass Vroni sehr nervös sei, nicht aggressiv. Er hat sie als das ängstliche und zartbesaitete Wesen erkannt, dass sie immer war, wo andere bis an die Zähne bewaffnet glaubten, um ihr Leben gegen sie kämpfen zu müssen. Auch dort in der Klinik, wo fast alle große Angst vor ihr hatten. Und tatsächlich wurde sie in letzter Zeit öfter zunehmend gefährlich, aber nicht, wenn man sie bedrängte. Nur, wenn sie in Spiellaune war, wurde sie zum klassischen "Großmaul". Aus Angst heraus zeigte sie nie aggressives Verhalten.
Ich kann es nicht rückgängig machen, ich weiß, ich hätte auch so wie sie war mit ihr umgehen können. Ich wollte es für alle und gerade auch für sie selbst leichter machen. Ich werde in Zukunft wieder auf mein Bauchgefühl hören. Und auf nichts und niemanden sonst. Aber für Vroni ist es zu spät. Ich bin fassungslos.

Rückblick: Vronis Weg zu uns:
Am Morgen war sie noch ganz ruhig, nur etwas aufgeregt. Da hat sie mir schon den Blick zugeworfen, der mich vergiftet hat. Als später das Rindertöten los ging, ist sie vor Angst fast zusammen gebrochen. Ein Metzger hat mich nachdenklich, aber allen Ernstes gefragt: „Die zittert ja! Warum denn das?“

Sie stammt übrigens von dem Bauern, von dem auch Chaya, Dani und Gadi kamen. Die Tiere von diesem Hof erzählen sich wohl gegenseitig eine Geschichte, in der ich vorkomme. Ich erkenne sie im Schlachthof schon rein an dem Blick, mit dem sie mich ansehen ...

Knapp vor der Schlachtung bewahrt, lebt sie ihre eigenwillige Persönlichkeit bei uns zufrieden aus. Brüllen, Knurren, mit Hörnern und Klauen Erde aufscharren, Weidepfosten ausbuddeln, Heu und Strohballen zerlegen sind ihre Hobbies. Die meisten Menschen haben Angst vor ihr, wenn sie sie beim Hobby Ausleben erwischen. Aber wenn Vroni sich ausgetobt hat, kommt ihre andere Seite zum Vorschein. Sie ist dann ganz umgänglich.

Wenn sie eine Massage genießt, tut sie es mit jeder Faser ihres Seins. Und als sie Angst hatte, hatte sie die blanke Panik in jeder Körperzelle und wurde vom Zittern richtig durchgeschüttelt. Sie ist ein Feuerwerk an Leben.

Foto: Nicole Tschierse

Dicki
Geboren: 27.04.2011
Gestorben: 21.09.2020
Rasse: Fleckvieh

Charakter: Zurückhaltend, aber sehr zutraulich und lieb

Abschied von Madame Dicki
Warum Madame Dicki? Als sie zu uns kam, hatte sie ihren Namen schon. Da sie unser M-Rind im Rettungalphabet war, bekam sie kurzerhand "Madame" vorangestellt. Sie war eine unserer ersten 5 Scottmariger Kühe.

Madame Dicki hat viel erleiden und erdulden müssen als Hochleistungs-Milchkuh aus der Nutzung. Eigentlich hätte sie den Milcheinschuss nach der Geburt ihres ersten Kalbes bereits nicht überlebt. Da war sie erst drei Jahre alt. Aufgrund ihrer starken Milchbildung lag sie fest. Zuviele lebensnotwendige Mineralien wurden mit der Milch aus ihrem Körper gespült. Beim dauerhaften Liegen, verletzte sie sich am Sprunggelenk. Bakterien gelangten in ihren Körper. Schnell waren überall Krankheitserreger in ihrem Körper. Die Tochter des Landwirtes kämpfte Monat um Monat um ihr Leben. Sie erstritt ihre Behandlungen und pflegte sie hingebungsvoll. Immer wieder ging es Dicki etwas besser und sie sollte zur Schlachtung, um wenigstens noch etwas Geld zu bringen. Wenn ihre menschliche Freundin das verhindern konnte, ging es ihr schon bald wieder so schlecht, dass auch eine Schlachtung nicht mehr möglich gewesen wäre, wegen hohem Fieber und Eiter im ganzen Körper. Eine Lösung für die Kuh ergab sich durch unseren Verein. Die Tochter musste ihren Schützling sogar noch frei kaufen. Zu uns gelangte sie einigermaßen munter, aber mit großen Abszessen am Oberschenkel. Antibiotika wirkten nicht mehr bei ihr. Die medizinballgroßen Eiterbeulen mussten mehrfach aufgeschnitten und ausgespült werden. Irgendwann bildete sich eine Fistel und der Eiter floss selbständig ab, ohne weitere Abszesse zu bilden. Zum Erliegen kam die Eiterbildung allerdings ihr Leben lang nie. Dennoch freute sie sich ihres Lebens. Sie liebte ihre kleine Tierfamilie, ihre Menschenfreunde und das gute Essen. Sie war sanft und ruhig, manchmal etwas scheu. Die langen Phasen der Behandlungen mit Spritzen und Zwangsmaßnahmen waren ihr natürlich zuwider. Sie war kein Fan von Veränderungen in ihrem Leben, dagegen war sie sehr misstrauisch anfangs. Meistens verweigerte sie sich dann mit bockbeinigem Erstarren. Später wurde sie wieder vertrauensvoller, als nichts Schlimmes mehr mit ihr passierte. Jetzt, mit neuneinhalb Jahren, haben die Erreger wieder an Kraft gewonnen und ihr erneut Schaden zugefügt. Ganz weg waren sie ja leider nie, aller Bemühungen zum Trotz. Sie hat alle Versuche, ihr auch diesmal zu helfen, brav über sich ergehen lassen. Aber der Schaden war inzwischen zu groß. Nach all der Zeit waren Herz und Nieren in Mitleidenschaft gezogen. Vor allem die Nierenfunktion war nicht mehr ausreichend, um Dicki weiter ihr freundliches, fröhliches Kuhleben zu ermöglichen. Ihr vielfach vernarbtes Hinterbein war inzwischen steif geworden. Mit einer bloßen körperlichen Behinderung hätten wir ihre Lebensumstände an ihre Bedürfnisse anpassen können. Aber die Fehlfunktion der Nieren hat ihr jeden Tag etwas von ihrer Lebenskraft geraubt. Schließlich war es ihr unmöglich, aufzustehen. Sie wurde noch ein paar Tagen mit ihren liebsten Leckerchen verwöhnt. Heute haben wir sie gehen gelassen, damit sie wieder frei ist und ohne Schmerzen, Begrenzungen und Angst. Wir haben gekämpft. Und nein, wir haben nicht verloren. Wir haben viele gute Jahre und Erfahrungen gewonnen.

Foto: Nicole Tschierse

Ich möchte euch unseren Verein weil Tiere lieber leben e.V. vorstellen.

Mein Name ist Nicole Tschierse. Im Zusammenhang mit meiner Tätigkeit als Tierärztin, bin ich zum Tierschutz gelangt. Erst ging es dabei um Kleintiere,die immer wieder auch über den beruflichen Rahmen hinaus Pflege, Vermittlung und Palliativversorgung benötigten. Später, im Rahmen meiner Nebentätigkeit als amtliche Tierärztin der Fleischbeschau in Schlachthöfen, auch um große sogenannte Nutztiere. Seit Kindheit vegetarisch, später vegan, war mein beruflicher Werdegang ungewöhnlich.

Durch schriftliche Berichte, Interviews, Zeitungsartikel und Fernsehberichte konnte ich das Thema des Tierleids in der Tierindustrie vielen Menschen näher bringen. Viele haben durch meine Beschreibungen der Vorgänge in Schlachthöfen ihre Ernährungs- und Konsumgewohnheiten überdacht und verändert. Tiere nicht zu konsumieren, ist der einfachste und effektivste Weg, Tierschutz zu betreiben.

Im Verlauf verschiedener Tierrettungen wurde ein kleiner Rettungshof für Tiere gegründet, Scottmaring. Dann der Verein, der bis heute unsere Arbeit an der Front ermöglicht, Weil Tiere lieber leben eV.

Die inzwischen über 100 geretteten Rinder und zahlreiche andere Tiere wurden mit Umsicht überwiegend auf ausgewählte Pensionsplätze verteilt, die von unserem Verein finanziert und beaufsichtigt werden. Auf einen dieser Höfe bin ich vor fünf Jahren selbst mit einem großen Teil unserer Schützlinge umgesiedelt, um die Hofleitung zu übernehmen und mein fachliches und praktisches Wissen nach Möglichkeit weiter zu geben. Jetzt ist es an der Zeit, für unsere älter werdenden Schützlinge einen sicheren Ort zu schaffen, der den Bedürfnissen kranker und alter Tiere, vor allem Rinder, gerecht werden kann. Die Pflege kann so aufwendig werden, dass auch ein guter Pensionsplatz damit überfordert ist.

Um diesen neuen Platz zu schaffen, ein Sanamuhrium, sammeln wir momentan alle Kräfte und benötigen dabei jede mögliche Unterstützung.
Denn mit der Rettung alleine ist es nicht getan. Die Verantwortung für die Tiere bleibt über Jahre und Jahrzehnte bestehen und muss auch angemessen übernommen werden können.